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Mit verengtem Blick
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Lücken in der
deutsch-deutschen Geschichte
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von Dr. Günter Schwill
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Puerto de la
Cruz, den 13. September 2003 - Im Juli-Heft von "swim &
more", dem offiziellen Organ des Deutschen Schwimm-Verbandes, machte
Hans-Peter Sick (srk) auf eine Lücke in der Wasserball-Statistik des DSV
aufmerksam.. Sick hatte in den Annalen der LEN ein Länderspiel BRD-DDR aus
dem Jahr 1958 entdeckt, das bisher in Deutschland nicht vermerkt war. Der für
die Statistik zuständige Claus Bastian war ratlos. Was aber wird er sagen,
wenn ihm noch 13 weitere "Länderspiele" präsentiert werden?
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Um
die Olympia-Teilnahme
gab es 13 heute fast vergessene Kämpfe
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Wir Deutschen tun uns schwer mit unserer Geschichte, so
auch mit der langjährigen Existenz zweier deutscher Staaten. Der Westen mit
seinem Alleinvertretungsanspruch hatte die Existenz der DDR nicht wahrhaben
wollen. Die DDR andererseits schwieg alle Beziehungen zum
"Klassenfeind" tot.
Gerade im Wasserball reifte die DDR in den Sechziger Jahren zu einer Blüte,
von der die Bundesrepublik auch heute noch nur träumen kann. Jeweils im
Vorfeld Olympischer Spiele kam es zu zahlreichen Wasserball-Begegnungen.
Solange Deutschland trotz zweier Staaten im IOC nur mit einer Mannschaft
vertreten war (bis einschließlich Tokyo 1964), mußten für eine gemeinsame
Olympiamannschaft Gespräche geführt und Ausscheidungskämpfe ausgetragen werden.
Zu einer Kombination der besten Spieler war keine Seite bereit, folglich
mußten Ausscheidungen im K.o.-System erfolgen.
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Überlegenheit des DDR-Teams
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Das Olympiateam von 1928
Gemeinsame deutsche Vergangenheit
Trainer Dr. Nußbaum in der Mitte, die Brüder Rademacher an den Flanken.
Spieler aus Magdeburg und Hannover
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Fünf Siege für den Westen bei der ersten Qualifikation
Für die Aufstellung der ersten gemeinsamen Olympiamannschaft 1956 in
Melbourne gab es sechs Qualifikationsspiele. Die ersten drei wurden in
Alversdorf (bei Braunschweig) gespielt, die Rückspiele fanden unter freiem
Himmel im Friesenstadion in Ostberlin statt.
22.4.56 (Alversdorf): DSV - DDR 7:0 (2:0) Dirnweber/Aut
23.4.56 (Alversdorf): DSV - DDR 9:4 (4:1) Dirnweber/Aut
24.4.56 (Alversdorf): DSV - DDR 4:5 (2:1) Dirnweber/Aut
29.4.56 (Berlin): DDR -
DSV 2:3 (1:1) Dr. Polic/Yug
30.4.56 (Berlin): DDR -
DSV 2:3 (1:0) Ptschellin/UdSSR
01.5.56 (Berlin): DDR -
DSV 2:4 (1:2) Ptschellin/UdSSR
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Die Bundesrepublik spielte mit folgender Mannschaft:
Bildstein (München 99), Obschernikat (Duisburg 98), Bode (Wfr.
Hannover), Schneider (1.FC Nürnberg), Osselmann (Amateur Duisburg), Seher
(Bremischer SV), Sturm (Wfr. Hannover). Eingesetzt wurden außerdem Pennekamp
(Duisburg 98) und Lorberg (Wfr. Hannover).
Die DDR:
Becker (Dynamo Magdeburg), Vogel (Aufbau Magdeburg), Schorler
(Karl-Marx-Stadt/Chemnitz), Albrecht (Motor Berlin), Lange, Bezold (beide Aufbau
Magdeburg), Elfert (Dynamo Magdeburg).
Außerdem zum Einsatz kamen Söll (Aufbau Magdeburg) im Tor,
Schmidt (Wismut Halle), Vohs (Dynamo Magdeburg) sowie Krüger
(Karl-Marx-Stadt).
Beste Torschützen: Seher (12), Sturm (8). Die DDR war konditionell sehr
stark, herausragend Torwart Becker und Stürmer Bezold.
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Mit fünf Siegen verdiente sich
die DSV-Mannschaft das Olympiaticket nach Melbourne und belegte dort Platz 6.
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"Archivfund"
Das nächste Aufeinandertreffen beider deutscher Staaten fand 1958 in Budapest
statt. Hier traf die DDR in einem EM-Spiel um die Plätze 5 bis 8 auf
die bundesdeutsche Mannschaft und gewann ganz deutlich mit 6:2 (1:0). Das
führte in der Schlußplatzierung zu Platz 5 für die DDR, die DSV-Auswahl kam
hinter Holland auf Rang 7.
Es spielten am 6.September 1958:
DDR - Bundesrepublik Deutschland 6:2 (1:0), Schiri: Costa/Italien
Die Aufstellungen:
DDR: Becker, Thiel, Ballerstedt, Schmidt, Elfert, Lex, Vohs
DSV: Hoffmeister, Obschernikat, Bode, Schepers, Peter Rademacher
(Honig), Osselmann, Hilker
Torfolge: 1:0 Elfert - 2:0 Schmidt, 2:1 Osselmann, 3:1 Schmidt, 4:1 Vohs, 5:1
Lex, 6:1 Schmidt, 6:2 Obschernikat
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Auf der Margaretheninsel
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Budapest
Blick von der Fischer-Bastei
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Die DDR schoß drei Tore in Unterzahl, Obschernikats 6:2
fiel erst 15 Sekunden vor Spielschluß. Die DSV-Mannschaft war nach ihrem
5:0-Sieg gegen Frankreich vom Vortag nicht wiederzuerkennen. Beim Stande von
4:1 wurde Peter Rademacher (der älteste Sohn von Ete Rademacher) von
Ballerstedt mit dem Ellbogen so hart am Kopf getroffen, daß der Bremer aus
dem Wasser und ins Krankenhaus mußte, wo ein zentimeterlanger Riß dicht am
Auge genäht wurde. Der Duisburger Honig spielte dann für Rademacher das Spiel
zu Ende. Im westdeutschen Amtsblatt "der deutsche
schwimmsport" wurde noch von der "Sowjetzone" und der
vergebenen Chance gegen diese Mannschaft gesprochen, ..... die in früheren
Spielen schon so oft von ihr (der DSV-Mannschaft) geschlagen worden war.
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Entscheidung für Rom auf der Kippe
Im Jahr 1960 kämpften West und Ost erbittert um das Olympiaticket für
Rom. Die Verantwortlichen hatten je zwei Ausscheidungsspiele in Wuppertal und
Leipzig vereinbart, um die bessere Mannschaft als Deutsche Olympiaauswahl
nach Rom zu schicken.
21.5.1960 (Wuppertal) DSV - DDR 4:3 (2:2): Schiri: Bauwens/Bel
22.5.1960 (Wuppertal) DSV - DDR 4:2 (3:0): Schiri: Boer/Ungarn
DSV: Hoffmeister, Schepers, Strasser, Fuchs, Nagy, Honig, Osselmann.
Trainer: Miklos Sarkany
DDR: Becker, Schulze, Ballerstädt, Schmidt, Bezold, Schreck,
Vohs. Trainer: Lothar Oelmann
(im 2.Spiel: Mäder, Thiel, Thiele, Schulze, Wittig, Kluge, Vohs)
Beste Spieler beim DSV: Nagy, Hoffmeister, Strasser und Schepers, bei
der DDR: Kluge und Wittig.
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Rom
Für zwei Mannschaften dasselbe Ziel
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Die Rückspiele:
28.5.1960 (Leipzig) DDR - DSV 5:4 (2:2), Schiri: Ketelaar/Nl
29.5.1960 (Leipzig) DDR - DSV 6:4 (3:2), Semjonov/UdSSR
DDR: Mäder, Ballerstedt, Thiel, Thiele, Elfert, Bezold, Schulze
(Kluge)
DSV: Bildstein, Schepers, Strasser, Fuchs (Seiz), Ott, Honig,
Osselmann
Der DSV in Leipzig ohne Nagy und Hoffmeister (als Republikflüchtlinge ohne
Ausreisegarantie). Mäder bester Mann der DDR.
Nach vier Spielen stand es 2:2, jetzt wurde
eine fünfte Partie im neutralen Ausland erforderlich.
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28.7.1960 (Uppsala) DSV - DDR 3:1 (2:1)
Zuckerman/Schweden
DSV: Hoffmeister, Schepers, Strasser, Nagy, Honig, Osselmann,
Schneider. Trainer: Miklos Sarkany
DDR: Mäder, Schlenkrich, Thiele, Thiel, Kluge, Schulze, Vohs
Trainer: Lothar Oelmann
Torfolge: 1:0 Osselmann, 1:1 Schulze, 2:1 Schneider - 3:1 Osselmann
Die DSV-Auswahl qualifizierte sich für Rom und
belegte bei den Olympischen Spielen Platz 6.
Zwei Jahre später bei der Europameisterschaft 1962 in Leipzig nahm die
Bundesrepublik nicht teil. Wir befanden uns auf dem Höhepunkt der Ost-West-Spannungen.
Im August 1961 war in Berlin die Mauer gezogen worden, daraufhin wurde der
Sportkontakt zur DDR vollständig eingestellt und damit auch die EM in Leipzig
boykottiert. Die DDR errang Platz 4.
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Rom
Ein Dokument der Eröffnungsfeier
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Tokyo 1964
Zu prestigeträchtig waren die Olympischen Spiele, um die eingefrorenen
Sportkontakte nicht ein wenig aufzuweichen. Beide Verbände vereinbarten 2
Ausscheidungsspiele, je eins in Magdeburg und eins in Wuppertal.
16.5.1964 (Magdeburg) DDR - DSV 3:1 (1:0,1:0,0:0,1:1)
Schiri: Goose/Niederlande, 1200 Zuschauer in der Elbe-Schwimmhalle
DDR (blau): Schmidt, Mäder; Schlenkrich, Thiel, Ballerstedt (Kapitän),
Thiele, Schulze, Vohs, Höhne, Wittig, Kluge. Trainer: Lothar Oelmann
DSV (weiß): Haubrich, Hoffmeister; Haverkamp, Strasser, Nagy, Seitz,
Fuchs, Noack, Abrat, Majunke, Ott. Trainer: Miklos Sarkany.
Hans Hoffmeister, einer der besten europäischen Torleute und an drei
Olympischen Spielen (1960,1968 und 1972) beteiligt, fiel als Stütze für das
DSV-Team bei der Qualifikation gegen die DDR in Magdeburg aus. Nicht, weil er
Republikflüchtling war (er kam 1953 aus Chemnitz) - das hatte noch 1960 eine
Rolle gespielt, da er nicht nach Leipzig zur Qualifikation zu reisen wagte
- sondern weil er verletzt war. Er hatte sich eine Fingergelenkskapsel
verstaucht. Bei der Vorbereitung im Trainingslager in Brüssel hatte Hoffmeister
im Feld gespielt. Miklos Sarkany wollte mit zwei Torleuten antreten.
Hoffmeister als schneller Sprinter (er legte die 50 m Freistil in 25 Sekunden
zurück) sollte im Feld spielen, Haubrich im Tor. Nun, nach der
Verletzung, mußte Haubrich im Tor spielen.
Die Tore: 1:0 Ballerstedt, 2:0 Vohs, 2:1 Noack, 3:1 Kluge
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Hans Hoffmeister
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Die Olympiamannschaft der DDR
für Tokyo 1964
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Rückspiel in Wuppertal
24.5.1964 (Wuppertal) DSV - DDR 1:1 (0:0,0:1,0:0,1:0)
Schiri: Semjonov (UdSSR), ca.1700 Zuschauer in der Wuppertaler Schwimmoper
DSV: Hoffmeister, Haverkamp, Strasser, Nagy, Seitz, Fuchs, Noack,
Abrat, Majunke, Ott, Haubrich. Trainer: Miklos Sarkany
DDR: Schmidt, Schlenkrich, Thiel, Ballerstedt, Thiele, Schulze, Vohs,
Höhne, Wittig, Kluge, Mäder. Trainer: Lothar Oelmann
Die Tore: 0:1 Kluge, 1:1 Haverkamp
Bildlegende:
stehend von links nach rechts:
Ballerstedt, Thiel, Trainer Oelmann, Thiele, Höhne, Vohs, Schlenkrich
unten von links:
Schmidt, Schulze, Mäder, Kluge, Häßler, Wittig
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Das Unentschieden in Wuppertal glich für die
DSV-Mannschaft einer Niederlage. Der Traum von Olympia war geplatzt. Die
Hoffnung, alles über den Ausnahmeathleten Lajos Nagy richten zu wollen,
scheiterte, da der Ex-Ungar nicht seinen besten Tag erwischt hatte. Bestnoten
eines enttäuschenden westdeutschen Teams erhielt Torwart Hans Hoffmeister.
Die DDR stellte erstmals Deutschlands Olympia-Team und belegte in Tokyo
Platz 6.
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Lajos Nagy
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Die DDR dominierte auch bei der nächsten
Europameisterschaft 1966 in Utrecht mit der Silbermedaille. Zu einer
Begegnung mit der Bundesrepublik, die Platz 7 belegte, kam es nicht.
Auch bei den Olympischen Spielen in Mexico-City 1968, als mittlerweile zwei
deutsche NOKs vertreten waren, trafen beide deutsche Nationalmannschaften
nicht aufeinander. Nach diesen Spielen, die der DDR vom Leistungsstand eine
Medaille hätte bringen müssen, knipste die politische DDR-Führung für den
Wasserballsport ihres Landes das Licht aus.
Was sich aber in den Jahren zwischen 1956 und 1964 zwischen zwei
souveränen Staaten, der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, im Wasserball
abspielte, waren offizielle Wettkämpfe, die normalerweise als Länderkämpfe
bezeichnet werden. Legen wir also noch nachträglich unsere Befangenheit ab
und erhöhen das Länderspielkontingent um 13 Partien.
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Die DDR-Auswahl
Vize-Europameister 1966 in Utrecht
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